Rehabilitationswissenschaften mit dem Schwerpunkt Psychologie

Ressourcenorientierte Diagnostik bei Jugendlichen mit ADHS. RCT zum Einfluss der Testinstruktion auf Kreativitätstestleistungen (ReA-RCT)

Forschung über Ressourcen und positive Merkmale bzw. Kompetenzbereiche bei Jugendlichen mit Verhaltensstörungen ist bisher rar. Dies ist auch bei Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) im Jugendalter der Fall, bei der im Kontext klinischer und bildungswissenschaftlicher Forschung der Fokus überwiegend auf die Untersuchung langfristiger Risikofaktoren gelegt wird, z. B. geringe schulische Leistungen oder komorbide Störungen (Becker & Fogleman, 2020). In geringem Umfang liegen zwischenzeitlich Studien über kreative Leistungen Jugendlicher mit ADHS vor. Dabei wird Kreativität kulturübergreifend als bedeutsame Schlüsselkompetenz betrachtet, z. B. in beruflichen und schulischen Kontexten. In der (inter-)nationalen Forschungsliteratur finden sich Hinweise darauf, dass Jugendliche mit ADHS über ausgeprägte kreative Fähigkeiten verfügen, die Befunde sind jedoch inkonsistent (Cramond, 1994; Lüdeke, Linderkamp & Cevani, 2019; Paek, Abdulla & Cramond, 2016). Im Rahmen dieses DFG-geförderten Forschungsprojekts wird eine RCT-Studie im Mixed-Method-Design durchgeführt, welche unter Berücksichtigung aktueller gesellschaftlicher und kultureller Entwicklungen einen Beitrag zur Theorienentwicklung im Bereich der ressourcenorientierten Diagnostik bei Jugendlichen  mit ADHS im Alter von 14-16 Jahren leistet. An einer Stichprobe von N = 324 Jugendlichen (davon 162 mit ADHS) werden die Kontextbedingungen kreativer Leistungssituationen (Art der Testinstruktion) experimentell variiert um zu beurteilen, inwiefern die Testperformanz der Jugendlichen durch Merkmale der Untersuchungssituation konfundiert ist. Darüber hinaus ist ein weiteres Ziel die Beurteilung des Stellenwerts der Kreativität im Kontext der gesamten biologischen, sozialen, emotionalen und kognitiven Ressourcen der Jugendlichen vor dem Hintergrund aktueller soziokultureller Entwicklungen. Es werden validierte Tests sowie ergänzend halbstandardisierte, qualitative Interviews eingesetzt. Das ReA-RCT-Projekt trägt dazu bei, aus der Perspektive einer positiven Psychologie den Stellenwert der Kreativität als mögliches inhärentes Merkmal der ADHS vor dem Hintergrund kultureller Vorstellungen und Werte, Ressourcen und sozialer Entwicklungen zu klären.

Quellen

Becker, S. P. & Fogleman, N. D. (2020). Psychiatric co-occurrence (comorbidity) in adolescents with ADHD. In S. P. Becker (Ed.), ADHD in adolescents: Development, assessment, and treatment (pp. 170–203). New York: Guilford Press.

Cramond, B. (1994). Attention-deficit hyperactivity disorder and creativity: What is the connection? The Journal of Creative Behavior, 28(3), 193–210. doi.org/10.1002/j.2162-6057.1994.tb01191.x

Lüdeke, S., Linderkamp, F. & Cevani, I. (2019). Differenzielle Analysen zum Zusammenhang zwischen Kreativität und ADHS bei Kindern und Jugendlichen. Kindheit Und Entwicklung, 28(2), 106–113. doi.org/10.1026/0942-5403/a000280

Paek, S. H., Abdulla, A. M. & Cramond, B. (2016). A meta-analysis of the relationship between three common psychopathologies—ADHD, anxiety, and depression - And indicators of little-c creativity. Gifted Child Quarterly, 60(2), 117–133. doi.org/10.1177/0016986216630600

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