
Traumasensitive Diagnose und Förderung in inklusiven Schulen (TRAILS)
Kinder und Jugendliche, die Krieg und Flucht ausgesetzt sind, zeigen ein erhöhtes Traumatisierungsrisiko und bedürfen einer besonders sensiblen und fachkompetenten pädagogischen Zuwendung und Unterstützung. Wie diese aussehen kann und wie traumabelastete Schüler*innen optimal gefördert werden können, untersuchen Prof. Dr. Friedrich Linderkamp und Prof. Dr. Gino Casale vom Institut für Bildungsforschung der Bergischen Universität Wuppertal in dem Forschungsprojekt „TRAILS“.
Traumatisierte Schüler*innen stellen im inklusiven Kontext eine große Herausforderung dar. Allerdings fehlt es im deutschsprachigen Raum zum einen an einer Bestandsaufnahme der Erfahrungen und Bedarfe von Lehrkräften, Schüler*innen und Eltern in Bezug auf den Umgang mit Traumata in der Inklusion. Zum anderen existieren keine evidenzbasierten Konzepte zur Diagnostik und Förderung bei traumatisierten Schüler*innen. Im Rahmen des Forschungsprojekts prüfen wir, a) die Erfahrungen und Bedarfe von Lehrkräften, Schüler*innen und Eltern in Bezug auf traumasensible Diagnostik und Förderung in inklusiven Schulen, b) inwiefern sich ein partizipativ entwickeltes integriertes System aus Methoden zur traumasensiblen Diagnostik und Förderung in inklusiven Schulen (TRAILS-System) implementieren lässt und c) welche Effekte sich in Bezug auf verschiedene Merkmale zeigen.
Primäre Zielgruppe dieses Projektes sind Schüler*innen an inklusiven Haupt-, Real- und Gesamtschulen, die aufgrund von traumatischen Fluchterfahrungen ein erhöhtes Risiko für psychische Störungen aufweisen sowie deren Lehrkräfte und Eltern. Die im Projekt entwickelten Methoden sollen Lehrkräften und Schüler*innen als Open Educational Resource (OER) kostenfrei zur Verfügung gestellt werden. Für die Studie wird eine randomisierte NRW repräsentative Stichprobe konstituiert.
Kontakt:
linderkamp[at]uni-wuppertal.de
Ausgangslage des Projekts
In Deutschland wurden 2019 knapp 166.000 Asylanträge gestellt, davon 50,5% von Kindern und Jugendlichen bis zu 18 Jahren (BAMF, 2019). Die Einreisen erfolgten zumeist aus Krisen- und Kriegsgebieten, so dass bei diesen Kindern und Jugendlichen von einem hohen Traumatisierungsrisiko, bspw. aufgrund von Menschenhandel, krimineller oder sexueller Ausbeutung und kriegerischer Zwangsrekrutierung auszugehen ist (Schröder, Zok & Faulbaum, 2018).
Ein psychologisches Trauma resultiert aus Ereignissen und/oder Umständen, die von einer Person als körperlich oder emotional schädlich und möglicherweise lebensbedrohlich erlebt werden und die dauerhaft auf zentrale Funktionsbereiche sowie auf das mentale, physische, soziale, emotionale oder geistige Wohlbefinden wirken (Carter & Blanch, 2019, S. 50). Kinder und Jugendliche, die Krieg und Flucht ausgesetzt sind, zeigen dementsprechend ein erhöhtes Traumatisierungsrisiko (Pine, Costello & Masten, 2005).
In Deutschland wurden 2019 knapp 166.000 Asylanträge gestellt, davon 50,5% von Kindern und Jugendlichen bis zu 18 Jahren (BAMF, 2019). Die Einreisen erfolgten zumeist aus Krisen- und Kriegsgebieten, so dass bei diesen Kindern und Jugendlichen von einem hohen Traumatisierungsrisiko, bspw. aufgrund von Menschenhandel, krimineller oder sexueller Ausbeutung und kriegerischer Zwangsrekrutierung auszugehen ist (Schröder, Zok & Faulbaum, 2018).
Der negative Einfluss traumatischer Erfahrungen auf die psychische Entwicklung von Kindern und Jugendlichen mit Fluchterfahrung ist gut belegt (Fazel et al., 2012; Liming & Grube, 2018; Pine, Costello & Masten, 2005). Ob traumatisierte Kinder und Jugendliche eine psychische Störung entwickeln, hängt dabei maßgeblich von ihrer individuellen Fähigkeit zur Emotionsregulation sowie der sozialen Unterstützung im Aufnahmeland ab (Demir et al., 2020; Pine, Costello & Masten, 2005). Für derart belastete Kinder und Jugendliche kann die Schule einen traumasensiblen Lebenskontext darstellen, da dort die personalen, sächlichen und sozialen Voraussetzungen zur emotional-sozialen Kompetenzförderung vorliegen und die Schüler*innen durch positive Freundschaften zu Mitschüler*innen oder die wahrgenommene Unterstützung durch die Lehrkraft soziale Unterstützung erfahren (z. B. Casale et al., 2018).
Eine inklusive Schule, die „Etikettierungen und Klassifizierungen [ablehnt], ihren Ausgang von den Rechten vulnerabler und marginalisierter Menschen [nimmt], für deren Partizipation in allen Lebensbereichen [plädiert] und auf strukturelle Veränderungen der regulären Institutionen [zielt], um der Verschiedenheit der Voraussetzungen und Bedürfnisse aller Nutzer/innen gerecht zu werden“ (Biewer, 2009, S.193), birgt dabei besonders großes Potential für belastete Schüler*innen mit Fluchthintergrund, um selbst gewählt und dauerhaft in ein intensives, befriedigendes soziales Miteinander eintreten zu können (vgl. Grosche, 2015).
Mehrstufige Diagnose- und Förderkonzepte (sog. Multi-Tiered Systems of Support; MTSS) stellen vielversprechende Möglichkeit zur Umsetzung eines traumasensiblen Schulkonzeptes in der Inklusion dar und sind in den USA bereits seit Jahren etabliert und positiv erprobt. MTSS sind präventiv ausgerichtet und organisieren Hilfen für Schüler*innen auf verschiedenen Stufen mit zunehmender Intensität und Individualisierung der Methoden (Casale et al., 2018). TRAILS reagiert auf den Umstand, dass in Deutschland bisher keine in der Art konzipierten Methoden zur Diagnostik und Förderung bei traumaspezifischen Verhaltensweisen von Schüler*innen existieren.
Eine solche Verknüpfung von Diagnostik und Förderung könnte die traumasensible Gestaltung einer inklusiven Schule unterstützen, die kognitive Emotionsregulation und soziale Unterstützung der betroffenen Schüler*innen fördern und somit auch der Entstehung psychischer Störungen vorbeugen.
Im aktuellen Beitrag von Casale & Linderkamp (Traumasensible Schule in der Zeitschrift für Heilpädagogik, 74(3), 2023) erläutert die konzeptionellen Grundlagen erfolgreicher traumasensitiver Arbeit in inklusiven Schulen näher.
Biewer, G. (2009). Grundlagen der Heilpädagogik und Inklusiven Pädagogik. Stuttgart: Kohlhammer.
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) (Hrsg.) (2019). Aktuelle Zahlen. Ausgabe: Dezember 2019. https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Statistik/AsylinZahlen/aktuelle-zahlen-dezember-2019.pdf?__blob=publicationFile&v=4. Zugegriffen: 27. Februar 2020.
Carter, P. & Blanch, A. (2019). A Trauma Lens for Systems Change. Stanford Social Innovation Review, 17, S. 48–54
Casale, G., Hövel, D., Hennemann, T. & Hillenbrand, C. (2018). Prävention und schulische Gesundheitsförderung. In B. Röhrle, J. Anding, D. Ebert & H. Christiansen (Hrsg.). Prävention und Gesundheitsförderung Bd. VI. Zur Verbesserung der Wirksamkeit (S.245-285). Tübingen: DGVT-Verlag
Demir, Z., Böge, K., Fan, Y., Hartling, C., Harb, M. R., Hahn, E., Seybold, J. & Bajbouj, M. (2020). The role of emotion regulation as a mediator between early life stress and posttraumatic stress disorder, depression and anxiety in Syrian refugees. Translational Psychiatry, 10, S. 371. https://doi.org/10.1038/s41398-020-01062-3
Fazel, M., Reed, R. V., Panter-Brick, C. & Stein, A. (2012). Mental health of displaced and refugee children resettled in high- income countries: Risk and protective factors. The Lancet, 379, S. 266–282.
Grosche, M. (2015). Was ist Inklusion? Ein Diskussions- und Positionsartikel zur Definition von Inklusion aus Sicht der empirischen Bildungsforschung. In P. Kuhl, P. Stanat, B. Lütje-Klose, C. Gresch, H. A. Pant & M. Prenzel (Hrsg.), Inklusion von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Schuleistungserhebungen (S. 17–39). Wiesbaden: Springer VS.
Liming, K. W. & Grube, W. A. (2018). Wellbeing outcomes for children exposed to multiple adverse experiences in early childhood: A systematic review. Child & Adolescent Social Work Journal, 35, S. 317–335. https://doi.org/10.1007/s10560-018-0532-x
Pine, D. S., Costello, J. & Masten, A. (2005). Trauma, proximity, and developmental psychopathology: the effects of war and terrorism on children. Neuropsychopharmacology: Official Publication of the American College of Neuropsychopharmacology, 30, S. 1781–1792. https://doi.org/10.1038/sj.npp.1300814
Ziele und Zielgruppe des Projekts
Traumatisierte Schüler*innen stellen in der Inklusion eine große Herausforderung dar. Bislang fehlen jedoch evidenzbasierte Handlungskonzepte zur Diagnostik und Förderung traumabelasteter Schüler*innen mit Fluchterfahrung. Im Rahmen des Forschungsprojekts TRAILS wird ein partizipativ entwickeltes integriertes System aus Methoden zur Trauma sensiblen Diagnostik und Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Fluchthintergrund in inklusiven Schulen (TRAILS-System) implementiert und seine Effektivität evaluiert.
In TRAILS soll ein integriertes und mehrstufiges System zur traumsensitiven Diagnostik und Förderung in inklusiven Schulen (TRAILS-System) bedarfsorientiert und partizipativ unter systematischem Einbezug der Lehrkräfte, Schüler*innen und Eltern entwickelt, implementiert und hinsichtlich der Wirksamkeit evaluiert werden.
Die im Projekt entwickelten Methoden sollen Lehrkräften und Schüler*innen als Open Educational Resource (OER) kostenfrei zur Verfügung gestellt werden.
Primäre Zielgruppe dieses Projektes sind Schüler*innen der Jahrgangsstufen 5 bis 8 an inklusiven Haupt-, Real- und Gesamtschulen, die aufgrund von traumatischen Fluchterfahrungen ein erhöhtes Risiko für psychische Störungen aufweisen sowie deren Lehrkräfte und Eltern.
Im Projekt TRAILS werden die folgenden fünf zentralen Fragestellungen untersuchen:
- Welche Erfahrungen und Bedarfe bestehen bei Lehrkräften, Schüler*innen & Eltern im Hinblick auf Trauma bezogene Hilfen in der Schule?
- Wie gelingt die Implementation des TRAILS-Systems in inklusiven Schulklassen?
- Lassen sich Trauma bezogene Verhaltensindikatoren bei den Schüler*innen mit den entwickelten diagnostischen Instrumenten psychometrisch in hoher Güte erfassen?
- Lassen sich durch die Umsetzung des TRAILS-System a) fluchtbezogene Traumatisierungssymptome und b) psychische Probleme bei den Schüler*innen reduzieren?
- Lässt sich durch die Umsetzung des TRAILS-Systems die kognitive Emotionsregulation bei den Schüler*innen verbessern?
Planung und Ablauf des Projekts
Diagnose- und Fördermethoden, die in ihrer Entwicklung von Anfang an die Zielgruppen miteinbeziehen, können von Lehrkräften besser angenommen und dementsprechend besser in die schulische Praxis implementiert werden. Wir erwarten, dass unser partizipativ entwickeltes Fördersystem von Lehrkräften und Schüler*innen positiv wahrgenommen und mit hoher Güte im Schulalltag implementiert wird.
Die in TRAILS entwickelte Beurteilungsskala soll als Screeningverfahren eingesetzt werden. Deren psychometrische Eigenschaften prüfen wir unter Einbeziehung entsprechender und entsprechend umfangreicher Stichproben. Die Verlaufsdiagnostik orientiert sich an der Methode des Direct Behavior Ratings (DBR), dessen Testgüte sich vor allem an der Reliabilität unter verschiedenen Messbedingungen beurteilen lässt. Diese prüfen wir in Generalisierbarkeits- und Zuverlässigkeitsstudien.
Die TRAILS-Methoden werden gezielt zur Förderung der Emotionsregulation sowie der sozialen Unterstützung entwickelt. Dementsprechend erwarten wir eine Verbesserung der Emotionsregulation und damit auch einen Effekt auf die psychische Entwicklung der Schüler*innen. Gleichzeitig gehen wir davon aus, dass die TRAILS-Methoden in Schulklassen mit hoher sozialer Unterstützung wirksamer sind.
Die Bedarfe und Vorerfahrungen von Lehrkräften und Eltern in Bezug auf traumasensitive Diagnostik und Förderung werden partizipativ über sequentielle Fokusgruppeninterviews erfasst.
In Einzelinterviews werden zudem die Vorerfahrungen und Bedarfe der Schüler*innen hinsichtlich der traumabezogenen schulischen Hilfen adressiert.
Die psychometrische Validierung und Wirksamkeitsüberprüfung der TRAILS-Methoden erfolgt in einem quasi-experimentellen Warte-Kontrollgruppendesign mit Prä-, Post- und Follow-Up-Messung mit Randomisierung auf Klassenebene.
In dieser Studie prüfen wir a) die psychometrische Qualität der diagnostischen Beurteilungsskalen, b) die Wirksamkeit in Bezug auf die Reduktion psychischer Probleme, c) den Aufbau der kognitiven Emotionsregulation und d) den moderierenden Einfluss der sozialen Unterstützung im Klassenraum.
In einem ersten Schritt wurden Bedarfe und Vorerfahrungen von Lehrkräften, Schüler*innen und Eltern in Bezug auf traumasensitive Diagnostik und Förderung partizipativ über sequentielle Fokusgruppen- sowie Einzelinterviews erfasst und für die weiteren Arbeitsphasen genutzt – so auch bei der Konzipierung des Screenings bzw. der Items zur Verlaufsdiagnostik bzgl. Trauma bezogener Verhaltensweisen in der Schule.
Es folgte die Ausgestaltung des Förderkonzepts sowie die Entwicklung der Fördermaterialien unter Beteiligung von Lehrkräften (Regelschullehrkraft, Lehrkraft für sonderpädagogische Förderung) und unserer US-amerikanischen Critical Friends von der University of Massachusetts, Amherst, USA.
Parallel wurde diese Website entwickelt, um die Akquise der Schulen zu unterstützen sowie als Informations- und Kommunikationsplattform und zum Austausch von Materialien genutzt zu werden.
Am Ende des Forschungsprojekt werden die Materialien als OER auf der Website kostenlos zur weiteren Nutzung zur Verfügung gestellt.
Hier erfolgte eine erste Datenerhebung zur Erfassung Kind bezogener Trauma spezifischer Verhaltensprobleme im Unterricht, Fertigkeiten im Bereich kognitiver Emotionsregulation und des Klassenklimas.
Zudem fanden im letzten Quartal 2023 die Fortbildungen der Lehrkräfte statt.
Die Förderung der Kinder begann nach den Herbstferien im Schuljahr 2023/2024 über einen Zeitraum von zehn Wochen.
Die Lehrkräfte erhielten ein begleitendes Coaching durch eine professionelle Trauma-Pädagogin.
Parallel und danach erfolgen Datenerhebungen zur Erfassung der Implementationsgüte und zur praktischen Nützlichkeit der diagnostischen Verfahren und der Fördermethoden – ergänzt durch eine Follow-Up-Erhebung im Mai/Juni 2024.
Schließlich werden die Ergebnisse des Forschungsprojekts öffentlich zugänglich gemacht.
Dies erfolgt in nationalen wie internationalen wissenschaftlichen Tagungen und über Publikationen der Forschungsergebnisse in Fachzeitschriften.
Ausgehend von den Ergebnissen werden die Methoden zur Diagnostik und Förderung überarbeitet und für die Website so aufbereitet, dass sie öffentlich zugänglich interessierten Anwender*innen als Open Educational Resource (OER) zur Verfügung stehen.
Ergebnisse des Projekts
In TRAILS sollte ein integriertes und mehrstufiges System zur traumsensitiven Diagnostik und Förderung in inklusiven Schulen (TRAILS-System) bedarfsorientiert und partizipativ unter systematischem Einbezug der Lehrkräfte, Schüler*innen und Eltern entwickelt, implementiert und hinsichtlich der Wirksamkeit evaluiert werden.
Die primäre Zielgruppe des Projektes waren Schüler*innen mit Fluchterfahrung in der Sekundarstufe I sowie ihre Lehrkräfte. Entwicklung, Implementation und Evaluation erfolgten aus einer international vergleichenden Perspektive mit den USA.
Im Projekt untersuchten wir die folgenden fünf Fragestellungen:
- Aus der Analyse von Erfahrungen und Bedarfen geht hervor, dass viele Lehrkräfte bereits auf ein Repertoire an Strategien und Techniken zur Erkennung und Unterstützung traumabelasteter Schüler*innen zurückgreifen konnten.
Die meisten Strategien zielen insbesondere auf die Etablierung verlässlicher und vertraulicher Schüler*innen-Lehrkraft-Beziehungen als Fundament traumasensibler Unterstützung ab. Ergänzt werden diese Strategien durch konkrete Techniken zur Unterstützung bei traumabezogenen Symptomen (z.B. Psychologische Erste Hilfe bei Flashbacks).
- Lehrkräfte und Eltern sehen einen ausgeprägten Bedarf an fachlicher Kompetenz im Bereich traumasensibler Diagnostik und Handlungssicherheit in traumasensibler Umgang.
Die Diskrepanz zwischen intendierten Strategien und ihrer tatsächlichen Wirkung wurde von Lehrkräften vorrangig auf strukturelle Restriktionen (Zeit, Personal, Organisation) sowie mangelnde professionelle Weiterbildungsmöglichkeiten zurückgeführt.
- Die Durchführung des Unterstützungs- und Förderkonzepts für Schülerinnen und Schüler mit und ohne Fluchthintergrund ergab vielfältige Erkenntnisse im Hinblick auf die Anforderungen bei der Umsetzung in den Schulen.
Als besonders anspruchsvoll erwies sich hierbei die Umsetzung im schulischen Alltag, da die Organisation von Fördergruppen, die Verfügbarkeit von Lehrkräften sowie die fortlaufende Beurteilung des Schüler*innenverhaltens mit einem erheblichen zeitlichen und organisatorischen Mehraufwand verbunden waren.
- Die entwickelte Beurteilungsskala (Screeningverfahren) für Lehrkräfte
zur Erfassung traumaspezifischer Verhaltensprobleme im Unterricht, offenbarte eine sehr hohe psychometrische Güte. Somit kann das entwickelte diagnostische Instrument in diesem Kontext als sehr gut anwendbar gelten.
- Das durchgeführte Förderprogramm TAFF basiert in wesentlichen Komponenten auf einem Evidenz-basierten Programm aus den USA, dessen gute Wirksamkeit bereits mehrfach empirisch belegt werden konnte (Jaycox, Langley & Hoover, 2018).
Trotzdem konnten in der Evaluation des TRAILS-Systems keine signifikanten Wirksamkeitseffekte hinsichtlich fluchtbezogener Traumatisierungssymptome, psychischer Probleme und der kognitiven Emotionsregulation belegt werden.
Diesbezüglich zeigen erste Analysen in diesem Kontext eine nur geringe Implementationsgüte. So wurden beispielsweise in mehreren Fällen Sitzungen des Programms ausgelassen oder die Intervention nicht vollständig durchgeführt. Entsprechende Einschränkungen in der Umsetzung des Programms könnten zu den bisherigen Evaluationsergebnissen beigetragen haben.
- Die im TRAILS-Projekt teilnehmenden Kinder mit Fluchthintergrund sind stärker als ihre Mitschüler*innen von psychischen Belastungen betroffen. Zugleich zeigten die teilnehmenden Kinder mit Fluchthintergrund aber auch signifikant häufiger adaptive Emotionsregulationsstrategien.
Möglicherweise stellen Flucht- und Akkulturationserfahrungen für die betroffenen Schüler*innen ein Lernfeld dar, in dem sie häufiger gezwungen sind, ihre Emotionen zu regulieren. Aus dieser Notlage heraus entwickeln sie (adaptive) Strategien, die ihr Wohlbefinden steigern (Hidden Talents-Ansatz).
Publikationen im Projekt
Auf Basis des TRAILS-Projekts sind aktuell folgende fachwissenschaftliche Publikationen erschieben:
Lembke, E. J., Linderkamp, F., & Casale, G. (2024). Trauma-sensitive school concepts for students with a refugee background: A review of international studies.
Frontiers in psychology, 15, 1321373.
Linderkamp, F. & Casale, G. (2023). Die traumasensible Schule – Grundlagen, Konzepte und Perspektiven. Zeitschrift für Heilpädagogik, 74(3), S. 100-109.
[Die Liste der aktuellen Publikationen wird fortlaufend erweitert.]